Kochen ist ein Rausch der Sinne
Koch sein kann viel bedeuten: Tägliche Routine oder regelmäßige Abwechslung. Gäste zu verwöhnen oder sich hohe kulinarische Ziele zu setzen. Und dann gibt es noch Köche, die von einer Leidenschaft erfasst sind, die man bei jedem einzelnen Gericht sieht, schmeckt, erlebt. Und genau zu dieser Kategorie gehört Edip Sigl, der im mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant „es:senz“ im Resort Das Achental im oberbayerischen Grassau für Furore sorgt. Im Interview gibt der Spitzenkoch einen Einblick in seine Küchen-Philosophie.
Ein Interview mit Andreas Hamedinger und Edip Sigl:
Warum macht Ihnen Kochen so viel Spaß?
Eine interessante Frage. Koch ist mit Sicherheit eine der abwechslungsreichsten Tätigkeiten. Dazu kommt: Jeder hat eine Meinung zum Essen, daher hat man es als Koch leicht, mit Menschen in Kontakt zu treten – Koch ist für mich einfach der schönste Job der Welt. Und als Koch kann man rund um den Globus arbeiten, welcher andere Beruf bietet diese Chance noch?
Wollten Sie also schon immer Koch werden?
Ich wollte als Schüler Schreiner oder Koch werden. Als meine damalige Lehrerin meinte, Männer, die kochen können, sind etwas Besonders, war es klar, welche Richtung ich einschlagen werde. Und die Tätigkeit begeisterte mich im Laufe der Jahre immer mehr, das habe ich auch meinen ersten Küchenchef zu verdanken, der mir viel beibrachte.
Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Lehrzeit?
Eigentlich nur gute. Ich konnte in meinem Lehrbetrieb verschiedene Seiten der Gastronomie kennenlernen. Wir hatten zwei verschiedenen Restaurants. In einem wurden mir die Basics beigebracht, etwa wie man ein gutes Gulasch zubereitet. Im zweiten Restaurant– ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern – konnte ich die ersten Einblicke in die Spitzengastronomie gewinnen. Auch wenn ich damals nicht wirklich wusste, was ein Stern für einen Koch bedeutet. Aber natürlich habe ich auch bemerkt, dass sich in meinem Leben etwas verändert hat: Durch die Arbeitszeiten, am Abend oder an Sonn- und Feiertagen, fallen manche Freundschaften weg. Aber es kommen dafür neue Freunde dazu.
Haben Sie schon in der Lehre eine Affinität zu hochwertigen Lebensmitteln entwickelt?
In der Lehrzeit hatte ich schon Kontakt zu Alba-Trüffel, auch wenn ich noch nicht damit arbeiten durfte. Und im Betrieb wurden ganze Fische oder Lammrücken verarbeitet, also man lernte das ganze Produkt zu verarbeiten. Und das macht sich auch in der Berufsschule bemerkbar, durch meinen hervorragenden Lehrbetrieb merkte ich, dass man gegenüber anderen Lehrlingen Vorteile hatte.
Bilden Sie selbst Lehrlinge aus?
Ja, zurzeit werden sechs Lehrlinge in der Küche ausgebildet. Jedoch nicht in der „es:senz“, sondern für unser zweites Restaurant „Weißer Hirsch“.
Warum nicht in der „es:senz“`?
Wir haben die Küchen der beiden Restaurants getrennt. Zuerst ist es wichtig, dass die Lehrlinge – die alle vier Monate auf einem anderen Posten arbeiten – die Basics lernen. Wichtig ist, den Lehrling nicht zu überfordern und ihn womöglich zu frustrieren.
Wie beurteilen Sie, ob ein Lehrling für die Spitzengastronomie geeignet ist?
Man merkt ziemlich schnell, ob ein junger Mensch eine Passion für den Job hat. Wenn diese Leidenschaft vorhanden ist, dann kann es jeder weit bringen – egal, welchen Schulabschluss er oder sie hat.
Haben Sie nach der Lehrzeit auch im Ausland gearbeitet?
Nein, ich habe nur in Deutschland, etwa bei Heinz Winkler in Aschau, gearbeitet. Aber ich habe mit meiner Freu eine Weltreise gemacht, und mir diese mit verschiedensten Arbeiten – etwa auf einer Apfelfarm – finanziert. Das war eine Erfahrung, die uns keiner mehr nehmen kann. Bei dieser Weltreise wurde mir bewusst, dass es in anderen Ländern schon immer eine Selbstverständlichkeit war, mit regionalen Produkten zu kochen.
Was ist das Faszinierende an der Welt der Spitzengastronomie?
Man hat die Möglichkeit, mit besten Produkten zu arbeiten, neue Gerichte zu kreieren. Eine Herausforderung ist die Tatsache, dass nicht jeder Abend gleich verläuft. Auch wenn wir genau planen, gewisse Dinge kann man nicht vorhersehen. Und das ist das Spannende: Wenn ein Service gut geklappt hat, ist das wie im Spitzensport: Man schüttet Endorphine aus und kommt in einen Flow, der mit nichts zu vergleichen ist. Kochen ist dann ein Rausch der Sinne, den man erleben muss.
Wie würden Sie ihren Küchenstil beschreiben?
Die Saison gibt mir vor, welche Gerichte wir kochen, das ist mir besonders wichtig. Deswegen findet man bei mir auch kein Signature Dish auf der Speisekarte. Denn kein Lebensmittel, ist das ganze Jahr über in der gleichen Qualität verfügbar. Und bei der Qualität gibt es keine Kompromisse. Daneben spielt auch die Regionalität der Zutaten eine ganz wichtige Rolle. Unser Menü Chiemgau pur besteht etwa fast ausschließlich aus regionalen Lebensmitteln, bei unserem zweiten Menü, Chiemgau goes around the world, kommen aber auch beispielsweise Rotbarbe oder Steinbutt aus Frankreich zum Einsatz. Dabei sind mir aber möglichst kurze Wege bei den Produkten äußerst wichtig. Wir versuchen, mit wenigen Komponenten auf dem Teller ein Geschmackserlebnis zu bieten. Denn Weglassen ist beim Kochen eine Kunst, weil man viel präziser kochen muss. Der Hauptdarsteller bei den Gerichten ist das Fleisch, das Gemüse oder der Fisch und die Sauce bildet die Seele – das ist die „Es:senz“.
Wie weit spielt die Show in Ihrer Küche eine Rolle?
Showeffekte – wie Trockeneis oder Rauch am Tisch – spielen bei mir keine Rolle. Ich bin auch kein Freund von langen Erklärungen am Tisch: Woher kommt das Produkt? Wie heißt der Erzeuger? Und andere Informationen überfordern den Gast sehr leicht. Auch Essanleitungen gibt es bei mir nicht. Denn zum Genuss gehört auch eine Lockerheit, man darf in der „es:senz“ lachen und Spaß haben. Ich würde sagen, es soll entspannter Luxus sein. Wir wollen erreichen, dass der Gast einen phänomenalen Abend bei uns erlebt. Wichtig ist mir auch, dass man beim Lesen der Speisekarte kein Lexikon braucht oder mit dem Handy im Internet auf Recherche gehen muss.
Ein eigenes Lokal war nie ein Traum?
Die Frage nach einem eigenen Restaurant hat sich mir nie gestellt. Bis ich Uschi Schelle Müller und ihren Mann, Dieter Müller, als Eigentümer des Resorts Das Achental, kennengelernt habe. Die Chance, die mir Familie Müller, geboten hat, von Anfang an das Konzept für die es:senz mitzuentwickeln, weiß ich sehr zu schätzen. So konnte ich von Anfang an meine Ideen und Vorstellungen miteinbringen. Das begann bei der Namensfindung des Restaurants und der Küchengestaltung und endete beim Design der Teller oder beim Anlegen des eigenen Kräutergartens. Zudem konnte ich das es:senz-Team mit eigenen Weggefährten zusammenstellen. Was kann man sich Schöneres vorstellen?
Ist der dritte Michelin-Stern ein Ziel?
Ich bin ein Sportsmann und stecke mir natürlich immer wieder Ziele. Doch das Wichtigste ist für mein Team und mich, jedem Gast unvergessliche Stunden mit kulinarischen Geschmackserlebnissen in der es:senz zu bereiten.
Restaurant ess:enz/Resort das Achtental
Infokasten:
Im Herzen des Chiemgaus begrüßt das Resort Das Achental seine Gäste. Idyllisch eingebettet in einer weitläufigen Gartenanlage mit altem Baumbestand grenzt das Resort direkt an den hauseigenen 18-Loch Meisterschafts-Golfplatz an. Gäste residieren in geschmackvollen 179 Zimmern, Juniorsuiten und Suiten, entspannen im 2.000 Quadratmeter großen Wellnessbereich, sporteln im großen Fitnessbereich, genießen den Indoor und Outdoor-Pool oder üben in der hauseigenen PGA Premium Golfschule wie auch beim Indoor Golf den perfekten Schwung. Seit Juni 2021 setzt Das Achental mit seinem Gourmetrestaurant es:senz, unter Leitung von Chefkoch Edip Sigl, neue kulinarische Maßstäbe. Sigl hat zudem die Verantwortung für die zahlreichen Outlets des Hauses wie das Restaurant Weißer Hirsch, die Vinothek, die urige Hubertushütte, die Stuben, Kaminbar, Lounge und Seehütte10.
Impressionen
Das Achental
Mietenkamer Straße 65,
D-83224 Grassau
reservierung@das-achental.com
Tel.: +49 8641-40 10
[Fotocredit: Beitragsbild und Fotos im Beitrag: Das Achental]