Léa und Louis Linster
10 Uhr. Die aus Deutschland angereisten Damen haben es geschafft. Sie haben im Straßengewirr von Luxemburg-Stadt das kleine Boutique-Café von Léa Linster gefunden. Und sie haben Glück, denn die aus dem TV bekannten Köchin ist heute auch persönlich anwesend. Und so wird vor dem Kaffee und Madeleine-Genuss noch das eine andere Selfie mit Madame Linster geschossen. Léa Linster nimmt sich gerne Zeit für ihre Kunden, ihre Gäste, schließlich weiß die Gastronomin, dass persönliche Kontakte das Wichtigste in ihrem Geschäft sind.
„Auch wenn mein von mir gegründetes Restaurant nun von meinem Sohn geführt wird – ich kann nicht untätig sein“, erklärt die Köchin, die eigentlich zuerst Jus studierte: „Ich wollte meinen Eltern zeigen, dass ich auch etwas anderes kann“, erinnert sich die 1955 geborene Köchin, die unter anderem bei Joël Robuchon gastronomische Erfahrungen sammelte. Doch der Luxemburgerin war ein anderes Schicksal vorherbestimmt. 1989 gewann sie den Bocuse d´Or, den vielleicht prestigeträchtigsten Kochwettbewerb der Welt.
Bereits 1987 erhielt sie einen Michelinstern für ihr Restaurant in Frisange, den sie über 30 Jahre ununterbrochen führte. „Eigentlich habe ich mich immer geärgert, dass ich nie mehr Sterne erhalten haben. Aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert“, sagt Linster, die weiß, warum die Gastronomie eine der schönsten Branchen der Welt ist: „Man kann seine Gäste verwöhnen, arbeitet mit den besten Produkten und kann seine Kreativität umsetzen.“ Genuss ist für Léa Linster nicht unbedingt eine Frage einer gut gefüllten Geldbörse: „Ein Stück gutes Brot mit guter Butter kann genauso erfüllend sein wie Trüffel oder Kaviar. Es kommt nur auf die Qualität und ihre Wertschätzung an.“
In welche Richtung sich die Gastronomie bewegen wird, ja das kann auch Léa Linster nicht beantworten, aber eines wünscht sie sich: „Wir müssen uns noch mehr mit der Herkunft, mit den Produzenten und der Qualität auseinandersetzen. Das schulden wir nicht nur den Gästen, sondern auch der Natur.“ Daher ist es für die Luxemburgerin auch wichtig, die Verschwendung von Lebensmittel zu verhindern. „Selbst bei Buffets schaffe ich es durch richtige Planung, dass möglichst wenig übrigbleibt. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.“
Man könnte sich wohl noch stundenlang mit der Grande Dame der gehobenen Küche unterhalten, doch irgendwann gehen auch die schönsten Stunden zu Ende. Aber kein Grund zur Traurigkeit, schließlich steht heute Abend noch ein Besuch im Restaurant bei Louis Linster auf dem Programm. Und so gibt’s noch eine Umarmung zum Abschluss und die Gewissheit, dass man sich schon lange nicht mehr so gut unterhalten hat.
Es ist Abend geworden. Nach einer 20-minütigen Taxifahrt hat man Frisange erreicht. Nein, zentral liegt das Restaurant der Familie Linster nicht wirklich. Aber das sollte Feinschmecker nicht abhalten hier zu speisen. Seit 2019 führt Louis Linster das Zepter in der Küche. Ein Glas Sekt aus der Region oder ein Jahrgangschampagner im Garten – so lässt sich der Abend gut beginnen. Das Service agiert aufmerksam, mit einem unaufdringlichen Charme, genauso wie man es sich wünscht. Kleine Grüße aus der Küche lassen die Richtung erkennen, die Louis einschlagen wird. Klassische französische Küche, mit einem Hauch Exotik. „Ich wechsle die Gerichte im Menü, wenn sich der Markt, die Jahreszeiten verändern“, erklärt Louis, der vom Gault&Millau 2024 zum Koch des Jahres gewählt wurde.
Gerne lädt Louis auch zu einem Blick in die Küche. Ruhig geht es hier zu, keine Hektik scheint die Mannschaft zu erfassen. Und so würde man gerne selbst Hand anlegen, um die Teller zu arrangieren, die Saucen abzuschmecken. Kochen kann eine schöne Arbeit sein, aber auch Herausforderung. Das weiß jeder, der schon mal selbst probiert hat, das „perfekte“ Gericht zu kreieren.
Daher zieht man sich lieber zurück und überlässt die Arbeit lieber den Profis. Dass diese ihr Handwerk verstehen, zeigt sich schon bei der Kombination von Krabbe, Mais, Kokosnuss und Kaffir. Das Zusammenspiel der verschiedenen Aromen reizt den Gaumen auf das Angenehmste. Der schon angekündigte asiatische Touch zeigt sich dann beim Hamachi mit Kujyo (japanische Frühlingszwiebel) – Konzentration auf die Frische des Fisches, mehr braucht man nicht. Wer besondere Gaumenfreuden liebt, der kommt bei Louis nicht um die Gallete mit Lachs, Kaviar und Crème Fraîche vorbei. Wenn dann noch Seeteufel mit Curry und Yuzu, gegrillter Hummer mit Wassermelone oder Wachtel mit Verjus und fermentieren Pfeffer folgen, dann gibt’s kaum eine Steigerung. Und bevor man den Heimweg antritt versuchen die Himbeeren mit süßem Sake und Holunderbeeren einem zu einer baldigen Wiederkehr zu überreden. Wäre ganz in unserem Sinn, nur leider liegt Luxemburg nicht gerade um die Ecke. Leider.
Léa Linster (Restaurant)
7 route de Luxembourg,
L-5752 Frisange,
Luxemburg
[Fotocredit aller Fotos – auch Beitragsfoto: Hamedinger/Strobel]